Interview

Interview mit Susanne Ruoff, Konzernleiterin

Susanne Ruoff, Konzernleiterin

Der Bundesrat erwartet von der Post, dass sie einerseits unternehmerisch handelt und andererseits landesweit den Grundversorgungsauftrag erfüllt. Wie gut hat die Post diesen Balanceakt im vergangenen Jahr gemeistert?

Susanne Ruoff: Unsere Kundinnen und Kunden sind sehr zufrieden mit der Post. Mit 80 von 100 Punkten beurteilten sie die Leistungen der Post auch 2014 als sehr gut. Wir erbringen die Grundversorgung in einer sehr hohen Qualität, wir stellen pünktlich zu, und die Preise gehören weltweit zu den günstigsten.

Warum muss sich die Post trotzdem laufend verändern?

Weniger Briefe, weniger Einzahlungen am Schalter, dafür neue Wettbewerber und neue Technologien – die Welt verändert sich ständig, und wir müssen uns anpassen. Wir wollen Bestehendes weiterentwickeln und zusätzlich mobile und digitale Lösungen anbieten. Ob digital oder physisch, der Kunde soll wählen, wie er mit der Post Geschäfte machen will.

Wo liegen die Schwerpunkte im Veränderungsprozess?

Wir konzentrieren uns auf E-Commerce, E-Post, Direct Marketing, digitales und physisches Dokumentenmanagement, Mobilitätslösungen und Onlinebanking bzw. Mobile Banking. In diesen Bereichen entwickeln wir neue Angebote und gehen damit weiter, als es uns der Auftrag für die Grundversorgung vorschreibt. Alle unsere Entwicklungen orientieren sich an den veränderten Kundenbedürfnissen und basieren auf den Kernkompetenzen der Post. Wir fassen sie bereichsübergreifend zu neuen, kundenorientierten Lösungen zusammen und setzen zunehmend auf Systemlösungen, z. B. im E-Commerce.

E-Commerce ist ein Thema, mit dem sich heute viele Unternehmen befassen. Was bietet die Post diesbezüglich ihren Kundinnen und Kunden?

Betreiber von E-Shops können uns ihren Onlinehandel von A bis Z übergeben. Die Post kümmert sich um das Direct Marketing, die Zahlungslösung, aber auch um Lagerung, Kommissionierung, Versand und Retouren. Als einzige Anbieterin in der Schweiz bieten wir Geschäftskunden massgeschneiderte Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Im Frühjahr 2014 haben wir die umfassende Logistiklösung YellowCube in Betrieb genommen. Das Herzstück von YellowCube ist eine hochautomatisierte Lager- und Kommissionierungsanlage. Dank der Automatisierung sind die Prozesse besonders schnell – sogar bei späten Bestellungen können wir das Paket noch am Folgetag zustellen.

Welche Vorteile haben die digitalen Neuentwicklungen der Post für die Kundschaft?

Zwei Beispiele: Die Zustellung in einem vom Kunden definierten Zeitfenster und mehr Information über den Sendungsstatus werden für die meisten Kunden immer wichtiger. Mit der Einführung von «Meine Sendungen» sind wir genau diesem Wunsch gefolgt und bieten in Echtzeit Sendungsinformationen. Zurzeit testet die Post die Zustellung in einem genauen Zeitfenster. Die Möglichkeit der flexiblen Wahl von Zustellort und -zeit hat die Post als Kundenbedürfnis erkannt. Mit E-Post Office können die Kundinnen und Kunden ihre persönliche Briefpost über eine Onlineplattform zentral steuern. Sie entscheiden zum Beispiel, ob sie den Kontoauszug oder das Kundenmagazin lieber physisch oder elektronisch erhalten möchten.

Ist für Grosskunden auch etwas dabei?

Beim Dokumentenmanagement von Swiss Post Solutions werden wir vermehrt Daten aus Dokumenten extrahieren. Mit analytischen Tools machen wir daraus Wissen und verbessern für den Kunden die Entscheidungsgrundlagen.

Gibt es im Mobilitätsmarkt neue Angebote?

Bei PostAuto haben wir mit der Einführung des Gratis-WLAN Pionierarbeit geleistet. Mit der Digitalisierung eröffnen sich noch viele weitere Möglichkeiten: Heute müssen zum Beispiel vor einem Fahrplanwechsel an mehr als 11 000 PostAuto-Haltestellen die Papierfahrpläne von Hand ausgewechselt werden. Wir testen im Moment eine elektronische Fahrplananzeige, die schweizweit jede regionale Veränderung sofort anzeigen kann.

Und was hat PostFinance für ihre Kundinnen und Kunden in der Pipeline?

Ein neuer Service – ein absolutes Novum in der Bankenbranche – steht kurz vor der Einführung: PostFinance kann auf Wunsch des Kunden dessen Zahlungen analysieren und ihn etwa als Konzertliebhaber identifizieren. So kann sie ihm Vergünstigungen des Konzertveranstalters für Tickets anbieten. An der Konzertkasse zahlt der Kunde mit der PostFinance Card den vollen Preis, die Vergünstigung wird ihm anschliessend auf dem Postkonto gutgeschrieben. Die Kundendaten bleiben immer bei PostFinance und werden zu keiner Zeit an Dritte weitergegeben. Beispiel zwei: PostFinance lanciert TWINT, die erste integrierte Payment- und Shopping-App der Schweiz. TWINT ermöglicht es Konsumentinnen und Konsumenten, Einkäufe ohne Bar- oder Plastikgeld direkt mit dem Smartphone zu bezahlen.

Frau Ruoff, Sie machen die Post fit für das digitale Zeitalter. Wie nehmen Sie die Mitarbeitenden mit auf diese Reise?

Die Brief- und Paketzusteller, die Kundenberatenden, die Mitarbeitenden an den Schaltern und die Chauffeure sind für die Kundinnen und Kunden das Gesicht der Post. Täglich kommen sie mit einem Achtel der Schweizer Bevölkerung in Berührung. Das ist eine grosse Chance für die Post. Wir müssen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Veränderungen positiv einstellen und an der Gestaltung der Zukunft der Post teilhaben lassen. Wir möchten ihre Erfahrungen künftig systematischer einholen, damit wir Trends früh erkennen und die Kundenbedürfnisse noch besser verstehen. In der Führung setzen wir auf Vertrauen, Verantwortung und Beweglichkeit. Konkret heisst das: Wir handeln transparent, geben konstruktives Feedback und fördern eine Lernkultur. Wir sind engagiert, orientieren uns an Zielen und Ergebnissen und handeln eigenverantwortlich. Und: Wir sehen Veränderungen als Chance – weil wir offen sind und vorausschauend handeln.

Wir entwickeln heute den Service public der Zukunft.

Wir wollen Bestehendes weiterentwickeln und zusätzlich mobile und digitale Lösungen anbieten.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für die Kunden das Gesicht der Post.