Letzte Meile
Wenn der Postbote die alten Kleider einsammelt
Mit Angeboten auf der letzten Meile sichert die Post Arbeitsplätze.
Ulrich Hurni
Leiter PostMail und Mitglied der Konzernleitung
Betritt die Post mit den ergänzenden Dienstleistungen Neuland?
Auf einzelne Kunden abgestimmte Logistiklösungen bieten wir schon lange an. Jetzt müssen wir multiplizierbare Lösungen finden. Die Briefmengen nehmen kontinuierlich ab: Also versuchen wir wo möglich und sinnvoll zusätzliche Erträge zu generieren – auch um Arbeitsplätze zu sichern.
Warum eignen sich die Briefboten besonders für die Aufgaben auf der «letzten Meile»?
Unsere Zustellerinnen und Zusteller sind für viele Kunden Vertrauenspersonen. Über sie kann PostMail täglich 4,1 Millionen Haushalte erreichen. Neue ergänzende Dienstleistungen müssen jedoch passen.
Wie verändert sich das Berufsbild?
Briefe und Pakete zustellen – das heutige Kerngeschäft wird auch in zehn Jahren noch die Hauptrolle spielen. Unsere Zustellerinnen und Zusteller werden künftig aber mehr machen als das: Dinge holen und bringen, Informationen erheben und verschiedenste postalische Dienstleistungen erbringen.
Die Post ist täglich bei 4,1 Millionen Schweizer Haushalten vor Ort. Es bietet sich deshalb an, dass Zustellerinnen und Zusteller im Auftrag von Kunden zusätzliche Aufgaben übernehmen: Stromzähler ablesen, regionale Produkte zustellen, PET-Flaschen entsorgen, Bücher fürs Brockenhaus oder Kleidersäcke einsammeln.
Yvonne füllt alte Kinderkleider in den weiss-roten Sammelsack von Texaid und bringt diesen hinunter zum Briefkasten. Der Pöstler wird ihn auf seiner täglichen Briefzustelltour mitnehmen. Texaid sammelt jährlich 40 000 Tonnen Alttextilien – in Containern und in Kleidersäcken. Nach einem erfolgreichen Pilotversuch im Jahr 2016 hat sich das Unternehmen entschieden, die Säcke durch die Post bei den Leuten abholen zu lassen.
Neue Erträge generieren
Seit über zehn Jahren sinken die Briefmengen kontinuierlich. 2016 betrug der Mengenrückgang an adressierten Sendungen 3,8 Prozent. Deshalb entwickelt die Post neue Dienstleistungen auf der «letzten Meile», also auf dem letzten Abschnitt des Briefzustellprozesses, der bis zu den Haushalten führt. Sechs Mal pro Woche bedient die Post alle 4,1 Millionen Haushalte in der Schweiz. Die Zustellerinnen und Zusteller sind geradezu dafür prädestiniert, weitere Aufgaben wie oben beschrieben zu übernehmen. Damit verfolgt die Post zwei Ziele: Sie will neue Erträge generieren und dem Zustellpersonal auch in Zukunft gute Arbeitsstellen anbieten.
Lebensmittel-Abos vom Bauernhof
Dass die neu geschaffenen Dienstleistungen nahe am Kerngeschäft liegen, zeigt ein weiteres Beispiel: Die Postboten liefern saisonale Produkte aus. Innovative Bauern mit Hofladen können ihren Kundinnen und Kunden in der Umgebung damit Lebensmittel-Abos zu günstigen Lieferkonditionen anbieten. Im Herbst 2017 haben 31 Bauern dieses Angebot genutzt. Laufend kommen neue dazu.
Ökologisch sinnvoll
Auch aus ökologischer Sicht überzeugen die neuen Dienstleistungen, denn es erfordert keine zusätzlichen Fahrten, wenn Zustellerinnen und Zusteller zum Beispiel die Stromzähler der Haushalte ablesen. Diese Zusammenarbeit läuft seit Januar 2017 erfolgreich mit den Elektrizitätswerken des Kantons Schaffhausen.
Weitere Angebote im Test
In Pilotprojekten testet die Post weitere Angebote auf der letzten Meile: In Zürich sammelt sie Alu, Batterien, Elektroschrott, Getränkekartons, PET-Flaschen und weitere Recyclingprodukte für das Start-up Mr. Green ein. Und im Umkreis von Wetzikon und Wila können die Leute Bücher, CDs oder Schuhe dem Postboten mitgeben, der die Ware ins Brockenhaus der Heilsarmee bringt.